Wie Sie Ihre Schreibblockade überwinden
Wir kennen diese Szene aus Filmen oder Serien: Der erfolgreiche Romanautor muss sein nächstes Buch abliefern, ist längst überfällig. Er sitzt vor seinem Laptop, trinkt einen Scotch und noch einen, während er wie hypnotisiert auf den weißen Bildschirm vor sich starrt; oder er sitzt vor seiner Schreibmaschine, während sich rings um ihn herum zerknüllte Papiere anhäufen. Alles Quatsch, meint unser Autor, Ha. A. Mehler, der Dutzende Romane und Bestseller veröffentlicht hat. So etwas wie eine echte „Schreibblockade“ gibt es gar nicht. mk
Ha! Was für ein herrliches Thema! Man könnte sich wegklatschen vor Vergnügen, wenn man all diesen Unsinn liest, der heute im Allgemeinen im Schwange ist, wenn es um das Thema Schreiben geht.
Schreiben spielt sich idealerweise so ab: Von Bedeutung beim Schreiben ist zunächst der Fluss. Der eigene Fluss kann mitreißen, es ist ein hochinteressantes Phänomen. Man begibt sich sozusagen in ein Boot und lässt es den Strom hinabgleiten.
Man begibt sich in eine andere Welt. In eine selbstgeschaffene Welt. Man geht auf Reisen. Das ist Schreiben! Schreiben selbst wird im Idealfall mit einer unbändigen Kraft nach außen gepowert. Man darf diesen Fluss nicht stören, weil man ansonsten ständig seine Kraft stoppt und aus der eigenen (selbstgeschaffenen) Welt herausgeschleudert wird. Dieser Fluss besitzt eine Eigendynamik, die am Anfang vielleicht selbstkreiert ist, die aber schließlich auf den Autor zurückwirken und ihn mitreißen kann.
Vielleicht haben Sie bereits einmal erlebt, dass, wenn man einmal angefangen hat, zu schreiben, plötzlich tausend Ideen kommen und man nicht mehr aufhören kann. Nun ja, man befindet sich plötzlich in einer sehr machtvollen Position, denn Schriftsteller können die Welt verändern! Sie haben die Gesichter ganzer Kulturen verändert und Staaten beherrscht! Der, der kommunizieren kann, ist König, nicht der Herrscher mit dem langen Gewand und der lästigen Krone auf dem Haupt, die ohnehin nur drückt.
Diese Macht und Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und zu kreieren, ist während des Schreibens oft gegeben. Es ist ein ekstatischer Zustand. Man ist ein Stückchen Gott, ja mehr noch, der Schöpfer von Göttern. Aber wie auch immer die Superlative lauten mögen, die man sich für den Schriftsteller aussinnen kann, der springende Punkt ist: Das Schreiben selbst besitzt eine Eigendynamik, die den Autor wie eine Thermowolke nach oben tragen kann. Diese Eigendynamik gilt es zu nutzen. Man kann diese Kraft allerdings nur erleben, wenn man es tut.
Die Erfindung: Schreib-Blockade
Nun ließen es sich einige Dummköpfe jedoch angelegen sein, ein „psychisches“ Phänomen zu erfinden, das sie „Schreibblockade“ tauften.
Unter einer Schreibblockade oder einer Schreibhemmnis (im Englischen: „writing block“) versteht man im Allgemeinen einen Stopp in Bezug auf das Schreiben. Scheinbar setzt die Phantasie aus, man findet keinen Anfang, quält sich von Wort zu Wort, weiß nicht, wie sich die Story fortschreiben soll, und fällt einfach gesagt auf die Nase.
Nun sollten Sie jedoch wissen, dass die Psychologie und die Psychiatrie schon immer groß darin waren, allen möglichen Unsinn zu erfinden. Heute werden am laufenden Band neue Krankheiten erfunden. Man verpasst ihnen Namen, die sich möglichst beeindruckend anhören – und kann in der Folge eine schöne neue Pille verkaufen. Ein profitables Geschäft!
Schick ist es heutzutage, von einer sog. „Disorder“ zu sprechen, was nichts anderes als „Krankheit“ bedeutet – es kann damit auf eine körperliche oder mentale Krankheit gedeutet werden. Dicke Wälzer wurden inzwischen von Psychiatern zusammengekleistert, die so ziemlich alles Mögliche und Unmögliche enthalten – buchstäblich Tausende dieser „Disorders“.
Wussten Sie, dass die Herren Psychiater ehemals die Franzosen als „geistig krank“ bezeichneten – alle Franzosen? (Deutsche Psychiater, vor dem Ersten Weltkrieg!) Ja es gab sogar eine Zeit, da Psychiater Frauen pauschal diskriminierten! Sprich: Allein der Umstand, dass man eine Frau war, war verdächtig, wenn es um die mentale, geistige Normalität ging! Frauen besaßen also sozusagen von Haus aus bereits eine „Disorder“! Hübsch, nicht wahr?!
Und weiter: Während des Ersten Weltkrieges gefielen sich deutsche Psychiater darin, jeden Soldaten und jeden Mann, der nicht gern in den Krieg zog oder aufgrund des barbarischen Tötens einen Schock erlitten hatte, ebenfalls als „geistig krank“ zu bezeichnen.
Man sprach von „Kriegszitterern“ und verpasste ihnen brutale Elektroschocks, um sie wieder kriegstauglich zu machen – wobei man wohlweislich verschwieg, dass solche Schocks einen Menschen zu einem Zombie machen können. Mit anderen Worten: ein friedliebender Mann war geistig krank! Hmm! Heute hat der Wahn der Psychiatrie und Psychologie, alles und jedes als „krank“ zu bezeichnen und ihm eine beliebige „Disorder“ anzuhängen, solche Ausmaße angenommen, dass man nur noch mit den Mitteln der Satire zurückschlagen kann.
Was nun unsere berühmte Schreibblockade angeht, so realisieren Sie bitte dies: Einige Psychologen und Psychiater versuchen heute allen Ernstes, diese Blockade mit den Schläfenlappen in Verbindung zu bringen! Selten kann man sich so gut amüsieren, wie wenn man solchen Unsinn liest. Was also diese „Schreibblockade“ angeht, so werfen Sie als erstes diesen dilettantischen Deutungsversuch der Herren Psychologen und Psychiater in den Papierkorb!
Kümmern Sie sich vielmehr um die echten Gründe, wenn es beim Schreiben nicht vorwärtsgeht! Womit wir bei des Pudels Kern angelangt sind:
Wie man eine Schreibblockade einfach hinwegfegt
Im Prinzip gibt es drei Techniken, wie Sie jeder Schreibblockade zu Leibe rücken und ihr den Garaus machen können! Die erste besteht darin, sorgfältig zu recherchieren und umfänglich zu recherchieren. Sprich: Wenn der Autor ein fauler Hund ist und die Fakten nicht kennt, die zu einem Fachgebiet gehören – ja, in Dreiteufelsnamen, in einem solchen Fall würde jeder Weltbestsellerautor auf die Nase fallen und könnte plötzlich scheinbar nicht mehr schreiben. Studieren Sie einmal die ungeheuerlich umfängliche Recherchearbeit von guten Autoren, und Sie werden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.
Ich schätze, dass sich 90 Prozent aller sog. „Schreibblockaden“ augenblicklich in Luft auflösen, wenn zuvor über das Thema, das bearbeitet werden soll, echte, tiefgehende Recherchen angestellt worden sind. Natürlich ist es völlig idiotisch, sich vor ein leeres Blatt Papier zu setzen oder den leeren Computerbildschirm anzustarren, und darauf zu warten, dass die Muse kommt, von der man geküsst wird. Man recherchiert, verdammt! Hat man gutes, im Idealfall einzigartiges Datenmaterial zusammengetragen, weiß man auch, worüber man schreiben kann – und es fängt an zu laufen, laufen, laufen …
Die zweite Technik besteht darin, dass man sich vorher genau überlegt, wie man diese Daten in eine Ordnung bringt. Das heißt, man hetzt nicht zum Computer, um einfach draufloszuschreiben. Das ließe sich mit einem Soldaten vergleichen, der sich völlig unbewaffnet und blind auf den Feind stürzt. Nein, man überlegt sich vorher, wie man vorgehen wird.
Die eigentliche „Schreibarbeit“ findet also zu einem großen Teil zuvor im Kopf statt. Man überlegt sich, verflixt, was die optimale Reihenfolge wäre, um die Sachverhalte dem Leser zu präsentieren. Das gilt für das Sachbuch und den Sachartikel. Handelt es sich um eine Erzählung oder einen Roman, so ist die gleiche Vorgehensweise angebracht: Zuerst recherchiert man, damit man die Atmosphäre realistisch einfangen kann – und dann etabliert man eine Ordnung, sprich Reihenfolge, in der man etwas erzählen will. Man schreibt also nicht, ohne vorher einen genauen Plan im Kopf zu haben und dann kurz in Stichpunkten festzuhalten! Diesen Plan nennt man im Englischen Plot. Man bringt mithin die Geschehnisse in eine möglichst logische Reihenfolge oder in eine Reihenfolge, die optimale Spannung gewährleistet. Dann kann man in der Folge fröhlich drauflosschreiben, denn man weiß ja jetzt, in welche Richtung man sich bewegt.
Nun gibt es freilich noch eine dritte Technik. Es handelt sich um einen fatalen Fehler, wenn Sie die Feder über das Papier jagen oder auf die Tastatur einschlagen, wenn Sie gleichzeitig versuchen, während des Schreibens der Erstfassung zu korrigieren. Junge, Sie stoppen sich selbst! Sie kastrieren Ihre eigene Phantasie! Sie sind es, der sich ständig abwürgt. Sie selbst!
Sprich: Der gewiefte Autor, der sein Azubi-Examen abgelegt hat, schert sich den Teufel um irgendwelche Rechtschreib-, Grammatik- oder Ausdrucksfehler bei der ersten Fassung. Er lässt es einfach laufen, laufen, laufen. Mit anderen Worten: Korrigieren Sie nicht gleichzeitig, während die Erstfassung aus Ihnen herauspurzelt. Versuchen Sie nicht, alles gleich „perfekt“ zu machen. Sie müssen diesen Zustand, der sich „kreieren“ nennt, zunächst einfach genießen und mit heller Freude Ihre Botschaft aus der Feder rotzen. Das heißt, Sie unterbrechen diesen heiligen Fluss nie, nie, nie! Ansonsten sind Sie geliefert.
Sie werden nicht in diesen ekstatischen Zustand kommen, den ich am Anfang beschrieben habe, wenn Sie ständig an sich selbst herummäkeln und sich die Gehirnwindungen wund denken, „wie Sie es vielleicht noch ein wenig besser machen könnten!“ Holy Moses, zur Hölle damit! Sie können es natürlich besser machen, aber korrigieren Sie erst, nachdem das Stück steht, sprich nachdem die Erstfassung existiert. Die späteren Korrekturen fallen dann leicht, denn man verfügt nun über ein Gerüst und kann sich orientieren, man hat etwas, an dem man sich festhalten kann. Danach können Sie meinethalben 20-mal korrigieren! Es ist also nichts falsch mit einer Korrektur, aber Sie müssen den richtigen Zeitpunkt dafür wählen.
Selbstredend sollten Sie darauf achten, dass Sie niemand während dieser heiligen Phase des Kreierens (= wenn Sie die Erstfassung erstellen) stört. Verbannen Sie das Telefon und die beste aller Ehefrauen (oder den Ehemann) aus Ihrem Zimmer und bestehen Sie darauf, zumindest während der Erstfassung, dass Sie jede Person erschießen dürfen, die es wagt, Sie zu stören.
Wenden Sie diese drei Techniken an, werden Sie feststellen, dass Sie nach einer Weile in einen ziemlich interessanten Zustand geraten: Junge, Junge, Sie können schreiben, schreiben, schreiben, weil Sie es einfach laufen, laufen, laufen lassen…
Schreibblockaden? Ha, ha! Wer hätte je davon gehört, dass so etwas existiert!
Ha. A. Mehler
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