WOOF

WWOOF – sprich engl. „Wuuf“ hört sich erst mal kompliziert an, ist aber ganz einfach. Es steht für „Willing Workers On Organic Farms” (oder „World-Wide Opportunities On Organic Farms”). Zu deutsch: „Freiwillige Helfer auf Biohöfen” oder „weltweite Möglichkeiten auf Biohöfen”. Daraus ergibt sich das Verb „WWOOFen” sowie die Bezeichnung für den Menschen, der das macht, den man „WWOOFer” nennt. WWOOFer WWOOFen also von Hof zu Hof – alles klar? :) Was das genau heißt, erkläre ich Euch jetzt:

Immer mehr Menschen haben Lust, für ein paar Wochen oder Monate dem Alltagstrott zu entfliehen und in der Natur handwerklich tätig zu sein. Einmal richtig mit anpacken und dafür in einer Familien mitleben, die Schönheit der Natur genießen – und das Bewusstsein für Bioanbau schärfen. So wurde 1987 die WWOOF-Organisation in Deutschland nach britischem Vorbild gegründet. Hier sind alle Biohöfe in einer Datenbank gespeichert – fast weltweit. Will man also z.B. mal nach Spanien und nicht nur faul am Strand liegen, kann man sich gegen ein kleines Entgelt die WWOOFer-Liste Spaniens anfordern und sich die Adresse eines passenden Hofes aussuchen.

Man könnte beispielsweise die ersten Wochen auf einer abgelegenen Finca Orangen ernten und sich anschließend eine weitere Woche in den Touristenrummel stürzen. So ist man körperlich tätig, tut noch dazu etwas Gutes, indem man anderen hilft und hat trotzdem noch typische Urlaubserlebnisse. Der gute Wille steht beim wwoofen an erster Stelle, denn verdienen tut man nichts – außer Dankbarkeit (was natürlich viel mehr wert ist als Geld ;-). Als Gegenleistung für – üblicherweise – 5 Stunden Arbeit täglich bekommt man freie Kost und Logis in der Familie des Hofes. Allerdings habe ich noch von keinem gehört, der auf die Uhr schaut, von 8 bis 12 Uhr arbeitet und anschließend nur faul ‘rumliegt. Man macht es ja freiwillig, also tut man es gern. Müssen die Oliven noch dringend geerntet werde, damit man die Ladung zur Olivenpresse fahren kann, hilft man halt mal den ganzen Tag lang mit und macht statt dessen ein andermal Pause oder arbeitet beispielsweise an einem Regentag etwas weniger. Im Idealfall hat man immer das Gefühl, dass man freiwillig hier ist und die Arbeit verrichtet, weil sie Spaß macht – und nicht, weil man muss. Auf der Seite www.wwoof.de (die von ehrenamtlichen Mitarbeitern betrieben wird), findet man weitere Informationen über WWOOF-Deutschland e.V. Hierbei sei jedoch ausdrücklich betont, dass der Verein keine Aufenthalte oder Reisen organisiert, sondern lediglich die Adressen vermittelt! Für 18 € kann man die Adressen der 290 deutschen Höfe anfordern (inkl. 70 deutscher Höfe im Ausland!) und dann direkt mit den Höfen Kontakt aufnehmen. Es dauert ca. ein bis drei Wochen, bis man die Listen erhält, weshalb man frühzeitig planen sollte. Postanschrift WWOOF: Freiwillige Helfer auf ökologischen Höfen. e.V., Postfach 210 259, 01263 Dresden

Die Vermittlungsgebühr ist auf jeden Fall berechtigt, da sie an den gemeinnützigen Verein geht, der keinen Gewinn erwirtschaften darf – zudem arbeiten alle Mitarbeiter ehrenamtlich. Auf der Internetseite findet man die Adressen von über 25 anderen Ländern mit nationalen WWOOF-Organisationen, falls man vorhat, im Ausland zu WWOOFen.

Es gibt kein Mindest- oder Höchstalter fürs WWOOFen, oft ist es auch kein Problem, wenn man zu zweit kommt oder sein Kind mitbringt – einfach bei den Höfen nachfragen!

 

 

Sophies WWOOF-Freundin Rosa bei der Ernte von Bio-Oliven in Umbrien (Italien). Öl aus von Hand geernteten Oliven ist besonders hochwertig, da hier nur vollreife Früchte verwendet werden und die Früchte beim Ernten nicht verletzt werden (Verletzung führt zur Bildung von unerwünschten freien Fettsäuren).

Kein Billig-Urlaub, sondern Engagement

Die Fernsehsendung Galileo vom 6. August 2008 stellte das WWOOFEN unter der Rubrik „Billigurlaub” dar. Da muss ich eindeutig sagen: Moment mal! WWOOFen ist kein Urlaub! Und ein Biohof ist kein Hotel mit freier Kost und Logis! Wer – ohne Interesse an ökologischer Landwirtschaft – nur billig verreisen will, ist hier definitiv am falschen Platz!

Im selben Bericht wurde übrigens auch das sog. „Couchsurfing” erwähnt (das „Von-Couch- zu-Couch-„Surfen”, das ich im nächsten Artikel vorstelle), als Möglichkeit für kostenlose Übernachtungen. Auch hier sehe ich die Sache eindeutig anders, denn meiner Meinung nach geht es auch beim Couchsurfing um viel mehr als das! Aber es ist ja schon bekannt, dass bei solchen Reportagen oft nicht die eigentliche Botschaft ‘rüberkommt – dafür gibt es ja dann sowas wie die Depesche! Das Couchsurfen stellt für mich persönlich einen wichtigen Beitrag für eine bessere Welt dar.

Michael hatte die Idee ja schon ‘mal erwähnt: Es wäre toll, wenn man in ein paar Jahren von Lebensinsel zu Lebensinsel „wwoofen” könnte – oder wie sollte man es dann nennen?

FALAMSen vielleicht? Freiwillig auf Lebensinseln arbeiten mit Spaß. Die Person ist dann ein FALAMSer. Oder kürzer „EMIL” (Ehrenamtliche Mithilfe in Lebensinseln)? Aber EMILen klingt dann so komisch... dann schon lieber FALAMSen... :-)

Okay, Spaß beiseite. Ich freue mich auf jeden Fall schon darauf, wenn es mal so viele Lebensinseln gibt, dass Jugendliche nach der Schule eine Liste anfordern und sich eine Route zusammenstellen können, wo sie von Lebensinsel zu Lebensinsel fahren, eine Weile mithelfen und etwas lernen können, das man im Leben wirklich braucht – denn davon gibt’s ja in der Schule nicht so viel.
Eigene WWOOF-Erfahrung

Folgend ein Einblick in meine eigene Erfahrung als WWOOF-erin, damit Ihr einen kleinen Einblick in die Sache bekommt.

Wer sich für Gemeinschaften und Ökodörfer interessiert, wird früher oder später auf den „Eurotopia“-Führer stoßen (Ausführlicheres in der Lebensinsel-Depesche 01-03/2005 oder auf www.eurotopia.de). So auch ich. Das Buch beinhaltet den Großteil aller Gemeinschaften in Europa mit jeweils einer kurzen Beschreibung. Ich blätterte das Buch also vor einem Jahr durch, in der Hoffnung, auf eine Gemeinschaft zu stoßen, in der ich Lust hätte, für eine Zeit nach dem Abi mitzuarbeiten und zu wohnen. Mein Zielland: Italien, da ich diese Sprache und das Land einfach liebe!

Per E-Mail nahm ich mit einigen Höfen Kontakt auf, muss aber dazu sagen, dass ich erst mal so kaum Antwort bekam. Ich gab jedoch nicht auf und dachte mir, dass so ein „Biohof in der Pampa” vielleicht keinen Internetanschluss im Haus hat, von daher stieg ich auf das Medium Brief um. Und siehe da: Meine Favoritengemeinschaft antwortete mir und offerierte mir die Möglichkeit, sie zu besuchen.

So saß ich, nachdem ich zuvor zwei Monate in Turin verbracht hatte (siehe nächster Artikel), Ende Oktober auf der Ladefläche von Ingrids Auto, und wir fuhren mitten hinein in den italienischen Stiefel – in die schönste Pampa Umbriens. Der Herbst zeigte sich von seiner besten Seite und meine Vorfreude auf die Gemeinschaft stieg:

 
Deutsche Gemeinschaft in Umbrien

„Utopiaggia” hieß unser Ziel – so nennt sich die deutsche Gemeinschaft, die 1975 in Niederbayern entstand und seit 1982 in Umbrien lebt. Dazu gehören etwa 20 Mitglieder, 100 ha Hügel und Olivenhaine, Hunde, Schafe, Hühner und ein paar Katzen. Ich hatte diese Gemeinschaft ausgewählt, weil man in ihr die verschiedensten Arbeiten kennen lernen kann. Neben der Schafhaltung wird hauseigener Käse hergestellt, Ingrid arbeitet in ihrer Töpferwerkstatt, die Nachbarin färbt Wolle mit Naturfarben, und natürlich gibt es immer Arbeit in Garten und Olivenhain.

Insgesamt hat es dort vier Häuser, in denen die Familien und Gemeinschaftsmitglieder leben – diese sind jedoch auf dem ganzen Gelände verteilt, so dass man keine direkten Nachbarn hat. Von dem Haus, in dem ich wohnte, musste man erst einmal fünf Minuten durch den Olivenhain den Hang hinunterlaufen, um zum großen Haupthaus zu kommen, in dem der Großteil der Mitglieder wohnte (und ab und zu ein paar WWOOFer).

In einem kleinen aber gemütlichen Bauwagen vor dem Schafstall wohnte die 20-jährige Italienerin Rosa, die mir zu einer guten Freundin wurde (siehe Titelfoto des Artikels). Sie kümmerte sich von Oktober bis März 2008 um die Schafe, vorher reiste sie einige Monate mit einem Zirkus durch Ungarn.

Da ich im November dort war, landete ich mitten in der Olivenernte, so hab ich gleich mal die ersten Wochen dort mitgeholfen. Mir hat die Arbeit viel Spaß gemacht, vor allem, weil immer die Sonne schien, was ich vom deutschen November ja nicht gerade gewohnt war. Hoch oben in den Bäumen unterhielt man sich dann auf der Leiter stehend mit den anderen Helfern über Gott und die Welt – und ein schönes Gemeinschaftsgefühl entstand dabei.

 

Aus den Oliven wurde dann Öl gemacht (man erhält etwa 17 Prozent Öl aus den Oliven). Abends tobten kleine Lämmer im Stall herum (Foto), die tagsüber geboren worden waren, und ich machte meine ersten Versuche im Melken.

Auch Ingrids Töpferwerkstatt habe ich öfters besucht und habe ihr bei kleinen Arbeiten geholfen. Einmal hab ich auch die Drehscheibe ausprobiert. Ganz schön schwer ist das, auch wenn es beim Zuschauen so leicht aussieht, wie – schwups – neue Schalen und Tassen auf dem Brett stehen. Andere Tätigkeiten waren Kochen, Backen, Feuerholz sägen, usw. Ich war viel draußen, was mir wirklich sehr gut gefallen hat.

In den letzten zwei Wochen meines Aufenthalts war die Olivenernte fast beendet und ich habe mich mehr um Ingrids Mutter gekümmert. Sie ist 80 Jahre alt und leidet unter Alzheimer. Es musste ständig jemand bei ihr sein. Mir hat es sehr gefallen, mit ihr zusammen zu sein, wir haben Spaziergänge unternommen oder einfach nur geredet, sie war jedes Mal sehr glücklich über meine Gesellschaft.

Innerhalb eines Monats konnte ich in unterschiedlichste Bereiche hineinschnuppern: Käseherstellung, Olivenernte, Töpferei, Altenpflege, Schafe melken ... Ich kann nur jedem empfehlen, das auch einmal zu erleben. Bis es soweit ist mit den Lebensinsellisten, kann man auf WWOOFer-Listen oder das Eurotopiabuch zurückgreifen. 

Links: Neugeborene Schäflein in der deutschen Gmeinschaft "Utopiaggia" in Umbrien.

Rechts: Die Früchte von Sophies Arbeit als WOOFerin: Von Hand geerntete Oliven!

Die Autorin und langjährige (!) Depeschenbezieherin Sophie Mikosch ist heute 20 Jahre alt und hat mit 16 Jahren bereits ihren ersten Roman veröffentlicht: „Ein voller Kühlschrank und nichts zu essen“, die ergreifende Geschichte der kleinen Linah aus Namibia, die durch tragische Ereignisse nach Deutschland kommt – und im Laufe der Geschichte unserer modernen Konsumgesellschaft auf sympathische Weise einen Spiegel vorhält. Buchbesprechung in Depesche 20/2006.

Sophie Mikosch
„Ein voller Kühlschrank und nichts zu essen“ (Roman-Erzählung),
Engelsdorfer Verlag, ISBN: 3-938873-15-9,144 Seiten, € 9,90 Euro
Direkt bei der Autorin bestellen: Sophie Mikosch
E-Mail: lucky_sophie@web.de

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Von am 16.02.2022


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