Die Brennnessel

In der heutigen Folge von Hannelore Zechs Serie „Was unsere Omas noch alles selber machen konnten“ geht es um ein zu Unrecht aus unseren Gärten verdrängtes und als „Unkraut“ beschimpftes Kraut, das wegen seiner brennenden Haare allgemein eher wenig beliebt ist. Die Rede ist von der Brennnessel, die zu den wertvollsten Kräutern überhaupt gehört: als Lebensmittel, als vitamin- und mineralstoffreiche Nahrungsergänzung, als Dünger, Färbemittel oder als Kleidungsfaser. Dabei werden ihre besonderen, heilenden Eigenschaften – etwa bei Arthrose/Arthritis oder zur Reinigung des Blutes u.v.a. – im Folgenden noch nicht einmal explizit erwähnt, sind sie doch weithin bekannt und finden sich in jedem herkömmlichen Kräuterbuch. 

Aufgrund ihres spektakulären Nährwertes wäre die Brennnessel eigentlich als Hauptnahrungsmittel geeignet: Ihre Blätter sind überreich an Provitamin A, Vitamin B, C, E, K sowie an Chlorophyll. Da die jungen Blätter noch kein Nesselgift enthalten, können sie problemlos als Beigabe zu Salaten, Gemüse und Suppen verwendet werden. Auch gekocht behält die Brennnessel ihre Mineralien. Fast ein Gramm Kalzium kommt auf 100 Gramm – in einer Form, die unser Körper gut verwerten kann. Nachfolgend einige Rezepte, die dieses Nährstoffwunder auch noch schmackhaft machen. 

Brennnesselsuppe: In heißem Öl kleingeschnittene Zwiebeln glasig dünsten und mit Vollkornmehl eine Mehlschwitze herstellen. Die Brennnesseln klein gerupft mit in den Topf geben. Mit andünsten lassen, bis die Blattmasse etwas zusammenfällt und mit Gemüsebrühe aufgießen. Dann 15 Minuten leicht köcheln lassen, danach von der Herdplatte nehmen und mit dem Pürierstab cremig rühren. Etwas Sauerrahm beifügen. 

Spinat: Junge Brennnesselspitzen in einen Topf mit etwas Wasser geben und dämpfen lassen. Die zusammengefallene Blattmasse anschließend mit dem Pürierstab zerkleinern, etwas salzen, einen Schuss Sahne dazu. 

Pesto: Im Mixer zerkleinerte Brennnesselblätter – gerne mit Samen, die auch leicht angeröstet sein dürfen – in ein Gläschen füllen und mit Olivenöl aufgießen. Glas danach fest verschließen. Über die Nudeln geben oder als Brotaufstrich genießen. 

Sirup: Zuerst einen starken Brennnesseltee aus frischen Blättern aufgießen, über Nacht ziehen lassen, am nächsten Tag die Flüssigkeit abseihen und mit der halben Menge Zucker nochmals aufkochen lassen (2 l Wasser, 1 kg Zucker). In Flaschen füllen, verschließen und 20 Minuten auf dem Kopf stehen lassen. Für die Kinder ergibt der Sirup mit Wasser vermischt ein cooles „Koboldsgesöff“ – und für die Erwachsenen eine Partybeigabe in den Sekt. 

Knödel: Man fertigt zuerst Semmelknödel, z.B. aus 10 fein geschnittenen Brötchen, vier Eiern, 50 g geschmolzener Butter, heißer Milch und etwas Salz. Die Zutaten fest durchkneten und klein geschnittene Brennnesselblätter beimengen. Zuletzt bringt man einen großen Topf gesalzenes Wasser zum Kochen, formt die Knödel und gibt sie ins siedende Wasser. Da lässt man sie rund 15 bis 20 Minuten leicht sieden. Die Knödel können z.B. mit Pilz-Rahmsoße frisch serviert werden. 

Smoothie: Der grüne Brennnessel-Smoothie ist sehr gesund und einfach zuzubereiten. Man nimmt am besten eine Mischung aus jungen Brennnesselspitzen und weiteren Wildkräutern, wie z.B. Löwenzahn, Wiesen-Pippau, Sauerampfer, Pimpinelle, Vogelmiere, Minzblättchen usw. und gibt sie mit Früchten der Saison in den Mixer – mit Wasser auffüllen und sehr gut zerkleinern. Nach Bedarf mit Honig oder Datteln süßen und servieren. 


Die Samen: natürliches Nahrungsergänzungsmittel

Im Spätsommer und Herbst lohnt es sich, die Samen der Brennnessel zu ernten. Einfach mit Handschuhen den Stiel von unten nach oben abstreifen, die größeren Blätter aussortieren und Samen in einem Beutel oder einer Wanne auffangen. Das Gesammelte muss nochmal gut nachgetrocknet werden, bis es schließlich in Schraubgläser wandern und als Wintervorrat eingelagert werden kann. 

Die Brennnessel in Zahlen

Wassergehalt:  85 %
Eiweiß:              5,9 g/100g
Kalium:                410 mg/100g
Phosphor:              105 mg/100g
Magnesium:          71 mg/100g
Kalzium:                630 mg/100g
Eisen:                7,8 mg/100g
Vitamin C:        333 mg/100g

Die Daten beziehen sich auf die gesamte Brennnessel, in den Samen sind die Nährstoffe sogar noch stärker gebündelt.  Die Samen können als Nahrungsergänzung den ganzen Winter über ins Müsli oder in den Joghurt wandern. Auch im Brot schmecken sie, vorher leicht angeröstet, einfach herrlich. Die süße Version lädt zum Sündigen ein. Einfach die Samen mit Zucker oder Xylit und etwas Zimt in der Pfanne rösten. Eine leckere Knabberei nebenbei oder als wirklich gesunde Süßigkeit für Kinder. 


Die Brennnessel als Dünger

Die Wirkungen der Brennnesseljauche sind gut bekannt: als Dünger, zur Pflanzenstärkung, Schädlingsbekämpfung, als Bodenkur und Kompostbeschleuniger. Zur Herstellung der Brennnesseljauche gibt man einige Stiele in einen großen Kübel oder in die Regenwassertonne (keine Metalleimer). Nach ein paar Tagen entwickelt sich durch Gärung eine stark stinkende Jauche (zwischendurch immer wieder umrühren). 

Dem unangenehmen Geruch kann man mit etwas Gesteinsmehl beikommen. Die Gärung ist abgeschlossen, wenn sich die Brennnesseln aufgelöst haben und sich keine Blasen mehr bilden (zwei bis drei Wochen, an einem sonnigen Platz geht’s schneller, im Schatten langsamer). Je nach Anwendung muss die fertige Jauche im Verhältnis 

1 zu 5 oder 1 zu 10 (für ganz junge Pflanzen sogar 1 zu 20) mit Wasser verdünnt werden. Die Mischung kann auch über Gemüseblätter vergossen werden – die Inhaltsstoffe werden von den Blättern aufgenommen. 

Das Bodenleben freut sich aufs zusätzliche Futter, Wurzeln und Pflanzen werden durch die Jauche gestärkt, nebenbei bietet sie hervorragenden Schutz gegen Läuse bzw. Abhilfe bei Lausbefall. Sie ist zu 100 Prozent natürlich und fördert Nützlinge, die mit dem Verspeisen der Blattläuse beschäftigt sind. Selbst in den Kompost bringt die Jauche richtig Leben. Sie kann daher als Kompostbeschleuniger verwendet werden. Die Brennnessel als Bodenmulch (als Auflage auf die Beete) verrichtet ebenfalls gute Dienste. Die Würmer freuen sich über das gesunde Futter und machen daraus schnell wertvollen Humus

Brennnessel als Faserpflanze

Gerade in den starken, älteren Trieben der Brennnessel befinden sich sehr starke Fasern. Früher wurde die Nessel, sogar noch vor dem Lein (Flachs), zur Stoffherstellung verwendet. Die Fasern mussten dazu aufgebrochen (vom holzigen Rest getrennt) werden. Dazu gab es natürlich spezielle Gerätschaften.

Nesselstoffe sind äußerst robust und widerstandsfähig, natürlich auch etwas rauher und nicht vergleichbar mit der Weichheit industrieller Baumwolle. Die Firma Grüne Vogtei im Erzgebirge (www.gruenevogtei.com) kümmert sich mit ihrer Marke „Wellnessel“ darum, dass die Produktion von Brennnesselprodukten aufrecht erhalten bzw. sogar ausgeweitet wird. 


Als Färbepflanze

Die Brennnessel ist eine hervorragende Färbepflanze. Sie ergibt den Lieblingsfarbton meiner Jungs – und zwar Bundeswehr-olivgrün. Zum Färben muss man die Wolle zuerst in Alaun sieden lassen oder in essigsaurer Tonerde einweichen. Dies bringt die Schafwolle in den Zustand, Farbe aufnehmen zu können. Danach wird ein starker Brennnesselsud hergestellt und abgefiltert. In diesem Sud wird die Wolle eine Stunde lang gefärbt. Dies ergibt zuerst einen Gelbton. Mit Eisensulfit kann dann noch einmal die Farbe in Olivgrün verändert werden.

Last, not least: Tee

Die Brennnessel ist also ein richtiger Allrounder. Ihre getrockneten Blätter ergeben mit Brombeer-, Himbeer- und/oder Erdbeerblättern und einigen getrockneten Hagebutten einen sehr gesunden Haustee, der geschmacklich noch mit Malven- und Ringelblumenblüten verbessert werden kann. 

Nun wünsche ich viel Spaß beim Sammeln – und bitte: immer Handschuhe mitnehmen!

Ihre Hannelore Zech vom Mienbacher Waldgarten , Selberversorger-Akademie

Den vollständigen Artikel zur Brennnessel finden Sie in Depesche 15/2015 bzw. im Themenheft „ Selbermachen 2 “. 


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Von am 18.09.2023


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